Brand vs. Usability – Wenn die Gebrauchstauglichkeit der Corporate Identity zum Opfer fällt

2013 sagte unsere Bundeskanzlerin Merkel auf einer Pressekonferenz noch, dass das Internet für uns alle #Neuland sei. Mittlerweile ist einige Zeit vergangen. Und man könnte fast meinen, dass 2020 – vor allem im Hinblick auf die Begleiterscheinungen von Corona – das Internet sich in all unseren Lebensbereichen etabliert hat und wir als Medienschaffende die Grundprinzipien für die Gestaltung des Internets verinnerlicht haben müssten. Doch gerade im UX-Bereich liegt noch einiges an Arbeit vor uns. Das offenbart eine kurze Analyse von Candylabs.

Neulich haben wir intern die Diskussion geführt, wie viel “Brand” eine Anwendung eigentlich verträgt und ab welchem Punkt der Nutzer womöglich genervt ist, weil die einwandfreie Bedienung durch die Corporate-Design-Praktiken behindert wird. Ein Blick auf Beispiele aus der Praxis zeigt, dass die qualitative Bandbreite sehr groß ist.

1. Milka

Der Screenshot zeigt eine Situation, in der der Nutzer offensichtlich kurz davor ist, aus dem Onlineshop von Milka auszuchecken. Allerdings verzweifelt er am “Jetzt kaufen”-Button, da dieser inaktiv ist, weil der Mindestbestellwert von 20,- Euro nicht erfüllt ist.

Candylabs_Experience_Design_Brand_vs_Usability_Screenshot_Milka.jpg

Quelle: Milka

Das Problem für den Nutzer: Durch den übermäßigen Einsatz von Lila-Tönen dringt der Alarm-Reiz nicht bis in sein Bewusstsein hervor. Somit übersieht der potenzielle Käufer wichtige Informationen und das System lässt ihn (indirekt) im Unklaren darüber, ob eine weitere Aktion vonseiten des Nutzers erforderlich ist oder nicht.

Die Folge: Der Nutzer rätselt zunächst vor sich hin, warum der “Jetzt kaufen”-Button keine Reaktion zeigt – und gibt im schlimmsten Fall auf und verlässt den Shop.

2. Gelbe Seiten

Gelbe Seiten steht auch vor der ähnlichen Herausforderung. Auf der gesamten Plattform herrscht ein Gelb-in-Gelb-Design vor.

Candylabs_Experience_Design_Brand_vs_Usability_Screenshot_Gelbe_Seiten.jpg

Quelle: Gelbe Seiten

Dadurch wird es dem Nutzer erschwert, eine direkte Unterscheidung zwischen informativen und interaktiven Elementen vorzunehmen. Somit leiden mitunter die visuellen Hierarchien und der geleiteter Blickverlauf zum Call-to-Action.

3. Apple macht es vor

Was die Vereinfachung von digitalen Schnittstellen anbelangt, geht die Produktfamilie Apple seit jeher mit gutem Beispiel voran. Zwar trifft der starke Hang der Marke zu minimalistischem Design auch auf Ablehnung, dennoch kann man aus den Gestaltungsprinzipien sehr viel lernen. Vor allen Dingen, wie man mit wenig Schnickschnack große Effekte erzielen kann.

Candylabs_Experience_Design_Brand_vs_Usability_Screenshot_Apple.jpg

Quelle: Apple

Schaut man sich etwa den Online-Shop an, stellt man zum einen fest, dass die Produkte absolut im Vordergrund stehen. Darüber hinaus wird besonders großen Wert auf Konsistenz gelegt: Nahezu alle interaktiven Elemente, wie z.B. Call-to-Actions, weiterführende Links und verkaufsfördernde Hinweise, treten in einem kräftigen Blau auf. Damit lenken sie nicht nur die Aufmerksamkeit des Nutzers, sondern lassen sich immer nach demselben Prinzip bedienen. Dadurch bleibt die Lernkurve für den potenziellen Käufer möglichst gering und lässt sich intuitiv bedienen.

So viel Markenfarbe – muss das sein?

Wir bei Candylabs sind davon überzeugt, dass unser Standpunkt ist, Markenbildung muss nicht durch die exzessive Anwendung von Markenelementen betrieben werden. Vielmehr sollte das Versprechen im Vordergrund stehen und in eine authentische Geschichte eingebettet werden. Anschließend kommen die notwendigen Werkzeuge hinzu, die unter Einhaltung von heuristischen Gestaltungsprinzipien dem Nutzer an die Hand gegeben werden.

Und gerade hierzulande wenig überraschend. Es gibt eine Regelung: Unter “DIN EN ISO 9241-110 Grundsätze der Dialoggestaltung” sind ganz konkret Empfehlungen festgehalten, wie ein Dialog zwischen Mensch und Maschine gestaltet werden kann, um ein effektives, effizientes und zufriedenstellendes Nutzungserlebnis anzubieten. So müssen beispielsweise Systemfehler eindeutig gekennzeichnet sein oder bestimmte Orientierungspunkte zur Aufgabenerledigung angeboten werden.

Für uns gehören Fragestellungen rund um das Thema Usability zum Alltag, weshalb wir mögliche Stolpersteine schnell identifizieren und beheben können. Gerne stehen wir Ihnen für eine Expertenevaluation zur Verfügung und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen Maßnahmen zur Optimierung Ihrer Anwendung.

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Moritz Heimsch
Gründer | CEO

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