Hindernisse der Innovationskultur in Unternehmen
Das Grundproblem der meisten Organisationen ist, dass Innovationen auch immer eine Herausforderung darstellen. Sie bringen Risiken und Veränderungen mit sich, die schnell ungewollten oder hinderlichen Widerstand hervorrufen werden. Eine Kultur des Absicherns verhindert das dringend benötigte Wachstum an Innovation, denn Experimente und Fehler innerhalb eines bestimmten Rahmens sind Teil des Innovationsprozesses. Mit einer entsprechend gelebten Fehlerkultur fassen Mitarbeiter nachweislich vermehrt den Mut zu Innovation und Unternehmen erhalten die Gelegenheit aus den Fehlern ihrer Mitarbeiter zu lernen.
Eine weitere Herausforderung auf dem Weg zur Innovation ist, dass dafür zunächst Ressourcen wie Arbeitszeit und finanzielle Mittel aufgebracht werden müssen. Natürlich können auch kleine Unternehmen mit knappen Mitteln innovativ sein. In vielen Fällen sind es aber die großen Unternehmen, die sich in der Lage befinden zahlreiche Mittel zur Innovationsförderung bereitzustellen. Welche und wie viele Ressourcen dafür bereitgestellt werden sagt aus, wie Ernst ein Unternehmen es mit der Förderung von Innovationsprojekten meint. Aufgrund des ungewissen Ausgangs von Innovationsprozessen und die damit verbundene Unmöglichkeit der korrekten Kalkulation eines möglichen ROI, fallen ein Großteil der Führungskräfte in etablierte Muster zurück und konzentrieren sich auf Investitionen in das Tagesgeschäft.
Heutige Führungskräfte stehen vor der Aufgabe eine Innovationskultur in ihrem Unternehmen zu etablieren, die dazu führt, dass Mitarbeiter ihrer Kreativität freien Lauf lassen und anhand ihres Wissens und ihrer Netzwerke neue Ideen generieren können. Führungskräfte müssen mutige Innovationsziele setzen und kreative Ideen oder Arbeitsweisen fördern. Sie befinden sich jedoch häufiger in der Lage an alten Strukturen festzuhalten und somit die Abteilung oder gar das gesamte Unternehmen auszubremsen.
Welche Rahmenbedingungen und Unternehmenswerte fördern Innovation?
Startups gelten als das Sinnbild moderner, innovativer Unternehmen. Sie leben Werte und schaffen Rahmenbedingungen, die für Innovationsförderung von großer Bedeutung sind. Etablierte Unternehmen, die mit dem Innovationsprozess kämpfen, können hier etwas lernen. Mit Kicker-Tischen und Kaffeelounges ist es jedoch nicht getan. Es muss zwingend an der Kultur des Unternehmens gearbeitet werden, dies kann, je nach Unternehmensgröße eine exorbitante Herausforderung sein.
Der bedeutendste Faktor ist Vertrauen in die Mitarbeiter. Nur wenn ein Unternehmen seinen Mitarbeitern und ihren Fähigkeiten vertraut, wird es auch bereit sein Freiräume und Eigenverantwortung für deren Arbeit einzuräumen. Das Management eines Unternehmens muss sich eines bewusst machen: Um in der modernen Geschäftswelt Erfolg zu haben gehören Offenheit gegenüber Neuem, Risikofreude und Optimismus dazu. Der Abbau von Hierarchien sorgt ebenfalls dafür, dass Entscheidungen schneller gefällt werden und Teams sich untereinander zum effizienten gemeinsamen arbeiten vernetzen können. Innovation ist kein linearer Prozess an dessen Ende immer ein durchschlagendes Produkt steht. Vielmehr ist sie ein Weg, auf dem sehr viele Ideen entstehen, die nicht unbedingt das richtige Produkt hervorbringen. Deshalb muss das Management im Unternehmen eine Toleranz gegenüber Fehlern schaffen und neben einer Innovationskultur auch eine sogenannte Fehlerkultur etablieren.
Innovation ist nicht bloß ein Begriff
Innovation ist eine Mentalität. Diese entsteht nicht auf Kommando, sondern benötigt Zeit sich zu entwickeln. Im besten Fall handeln Mitarbeiter so, als wären sie selbst Unternehmer. Durch das engagierte Einbringen von Kreativität, Wissen und unternehmerischem Talent werden Innovationen vorangetrieben. Im sogenannten Intrapreneurship nutzen Mitarbeiter die vorhandenen Möglichkeiten und Ressourcen, um große Ideen zu entwickeln und zu verfolgen.
Die Unternehmenskultur ist ein weicher Faktor, da diese kaum in Zahlen oder Prozessabläufen abbildbar ist. Das Tagesgeschäft und bekannte Prozesse haben in vielen Unternehmen eine höhere Priorität. Aus diesem Grund wird die Unternehmens- und Innovationskultur oft vernachlässigt. In zu vielen Unternehmen findet Kreativität keine oder nur eine geringe Bedeutung, obwohl daraus Produkte, Geschäftsmodelle oder sogar Visionen entstehen können, die das Unternehmen vorantreiben.
Um langfristig Erfolg zu haben muss das Management des Unternehmens wissen wo dessen Ziele liegen und wie diese am besten zu erreichen sind. Sie entscheiden, wie das Unternehmen in Zukunft agieren wird, beispielsweise um neue Märkte zu besetzen oder bestehende Nischen zu verteidigen. Klar formulierte und ambitionierte Ziele haben eine deutliche Signalwirkung, nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Führungskräfte eines Unternehmens.
Mit Hilfe einer Vision und einer dazu passenden Innovationsstrategie wird festgelegt welche strategische Ausrichtung für das Unternehmen erfolgsrelevant ist. Anhand von klar definierten Zielen, Regeln und Werten wird deutlich gemacht was mit der Innovationsstrategie erreicht werden soll. Die Strategie alleine führt jedoch noch nicht zum augenblicklichen Innovationsreichtum. Es ist essentiell, dass Führungskräfte die neuen Werte den Mitarbeitern vorleben und erforderliche Maßnahmen im Unternehmen etablieren oder ausreichend Ressourcen für Innovation zur Verfügung stellen.
Mitarbeitermotivation und Unternehmensatmosphäre
Mitarbeiter richten sich bewusst und unbewusst danach aus, was im Unternehmen belohnt wird oder auf positive Resonanz stößt. Mit Hilfe von Anreizsystemen können Mitarbeiter dazu motiviert werden sich mit neuen Ideen auseinanderzusetzen. Da der Ausgang der meisten Innovationsprojekte ungewiss ist, stellt die Investition von Zeit und Ressourcen ein klares Risiko dar. In den meisten Unternehmen wird Anerkennung für gute Ideen ausgesprochen, gleichzeitig werden schlechte Ideen oder fehlgeschlagene Innovationsversuche getadelt. Nur ein geringer Anteil des Managements versteht, dass Fehlversuche ebenso zum kreativen Prozess gehören.
Eine positive Unternehmenskultur, die Fehler akzeptiert und Innovationen fördert, bedeutet auch eine Investition in das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Eine Arbeitsatmosphäre die zielorientiert, informell und hoch motiviert ist, beeinflusst die Mitarbeiter und bereitet den Nährboden für Innovation. Wenn interne Probleme nicht angesprochen werden können und Mitarbeiter sich frustriert fühlen, dann können auch keine kreativen Ideen erwachsen. Deutliche Hierarchien und abgegrenzte Arbeitsbereiche (“Silodenken”) fördern die Effizienz des Tagesgeschäfts, lassen Innovation aber zum Hürdenlauf werden. Derart hierarchische Strukturen oder “Silodenken” wirken in Unternehmen als Innovationsbremse. Schnelle Entscheidungen, flache Hierarchien und die bereichsübergreifende Zusammenarbeit fördern hingegen kreative und innovative Prozesse, die flexibel auf Veränderungen im Markt reagieren können.
Die Zusammensetzung des Teams wirkt sich unmittelbar auf die Innovationsfähigkeit der Abteilung aus. Ein heterogenes Team von Mitarbeitern, die sich durch unterschiedliche Denkweisen und fachliche Hintergründe ergänzen, können völlig andere Antworten auf die Fragen und Zielsetzungen eines Unternehmens finden.
Die vier Typen von Innovationskulturen
Im Rahmen ihrer Studie „Erfolgsfaktor Innovationskultur“ identifizierte das Team des Unternehmens innolytics GmbH vier verschiedene Typen von Innovationskulturen:
Proaktive Innovatoren
In Unternehmen die man als „proaktive Innovatoren“ bezeichnen kann, werden ambitionierte strategische Ziele formuliert und mit Hochdruck verfolgt. Von den untersuchten Unternehmen fielen 21 Prozent in diese Kategorie. Unternehmensinterne Regeln, die dem Erfolg im Weg stehen, werden dort entkräftet oder komplett aus dem Weg geräumt. Diese Unternehmen sind sehr offen gegenüber Veränderungen und neuen Managementkonzepten. Durch ihre Innovationsfähigkeit und den Willen Spitzenleistungen zu erbringen, schaffen es diese Unternehmen Märkte zu gestalten und zu entwickeln.
Passive Innovatoren
Mit 36 Prozent gehören die meisten Unternehmen zu den passiven Innovatoren. Diese treiben Neues ohne starke Ambitionen voran. Sie arbeiten mit etablierten Prozessen, mit denen sie Ideen vorschriftsmäßig generieren, prüfen und umsetzen. Eine solche Unternehmenskultur ist von wenig Leidenschaft geprägt und erlaubt nur schrittweise Verbesserungen und Qualitätsoptimierungen. Wirklich große oder bahnbrechende Innovationen sind bei diesen Unternehmen die Ausnahme.
Reaktive Innovatoren
Ein Viertel der untersuchten Unternehmen gehört zu den „reaktiven Innovatoren.“ Diese haben zwar ambitionierte Ziele in ihren Unternehmensstrategien formuliert, allerdings ist die Unternehmenskultur weiterhin darauf ausgerichtet auf Ereignisse zu reagieren. Die Förderung von Kreativität spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Wenn diese Unternehmen nach langem Warten tatsächlich handeln, dann sind sie sehr effektiv. Das Abwarten suggeriert jedoch eine falsche Sicherheit: Sie lernen zwar aus den Fehlern der Pioniere, verlieren dabei aber die Möglichkeit den Markt mitzugestalten oder werden von ihren Wettbewerbern abgehängt.
Zufallsinnovatoren
Manche Unternehmen stoßen nur per Zufall auf Innovationen. Mit nur 16 Prozent sind diese allerdings relativ selten vertreten. Dies ist nicht überraschend, denn diesen fehlt eine strategische Ausrichtung. Mitarbeiter und Teams entwickeln zwar Ideen, diese sind jedoch überwiegend nur auf ihren eigenen Wirkungsbereich begrenzt. Solche Mitarbeiter sind kreativ und die benötigten Prozesse wurden vonseiten des Unternehmen bereitgestellt. Allerdings fehlen die Vorgaben aus der Führungsetage des Unternehmens. Das Ergebnis ist, dass das kreative Potenzial der Mitarbeiter nicht ausgeschöpft wird, denn Innovationen entstehen hier nicht aufgrund, sondern trotz der Unternehmenskultur. Wenn die eigenen Ideen und Anstöße nicht aufgegriffen und weiterverfolgt werden, dann besteht die Gefahr, dass der Wille zur Innovation bei den Mitarbeitern über die Zeit verschwindet.
Fazit
Unternehmen können es sich nicht leisten nur durch Zufall auf Innovationen zu stoßen, nur auf Ereignisse zu reagieren oder zu sehr an bestehenden Prozessen festzuhalten. Die Unternehmensführung muss erkennen welche Unternehmenskultur im Betrieb herrscht und welche Innovationshindernisse daraus entstehen. Mit Hilfe einer Innovationsstrategie können Ziele erarbeitet werden, die das Unternehmen kurz- und langfristig voranbringen. Für die Umsetzung der Ziele müssen Mitarbeiter eine zielorientierte, informelle und hoch motivierte Unternehmenskultur vorfinden, mitgestalten und fördern. Dies erfolgt am einfachsten in Strukturen mit flachen Hierarchien, kurzen Entscheidungswegen und bereichsübergreifender Zusammenarbeit.
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